Der Fall von Mosul

Sol­da­ten in brau­nen Uni­for­men, teil­wei­se schwer bewaff­net und mit ira­ki­schen Hoheits­ab­zei­chen. Kein unge­wohn­ter Anblick im Irak, dem weder aus­ufern­de Gewalt noch ein Bür­ger­krieg wirk­lich fremd ist. Doch die­se Sol­da­ten befin­den sich zu Fuß unter­wegs – sie sind auf dem Rück­zug. Was vor knapp einer Woche noch fast undenk­bar schien, ist ein­ge­trof­fen: Die Isla­mis­ten des soge­nann­ten „Isla­mi­schen Staats im Irak und Sham“ haben die nord­ira­ki­sche Stadt Mos­ul erobert. Für den Irak ist das ein Deba­kel von enor­men Aus­ma­ßen. Über 30.000 Mann der ira­ki­schen Armee waren in Mos­ul sta­tio­niert, wäh­rend die ISIS-Kämp­fer dras­tisch in der Unter­zahl waren. Ledig­lich 1.500 Jiha­dis­ten in typi­schen Toyo­ta-Klein­las­tern zwan­gen eine gan­ze Divi­si­on bzw. sechs Bri­ga­den zum Rück­zug und 500.000 Men­schen zur Flucht.

Malikis Waterloo

Für den bereits ange­zähl­ten ira­ki­schen Pre­mier­mi­nis­ter Nuri al-Mali­ki, seit 2006 Regie­rungs­chef, ist das die größt­mög­li­che Katas­tro­phe. Mos­ul ist nach Rama­di bereits die zwei­te ira­ki­sche Stadt, die wäh­rend Mali­kis Amts­zeit an ISIS fällt. Rama­di aller­dings liegt in der sun­ni­tisch domi­nier­ten Pro­vinz Anbar. Anbar ist nicht nur jene Pro­vinz, die bereits zuvor Wider­stand gegen die USA geleis­tet hat. Sie war auch beson­ders von Mali­kis revan­chis­ti­scher Poli­tik gegen­über Sun­ni­ten betrof­fen war. Vie­le ara­bi­sche Stäm­me in der Anbar-Pro­vinz, die an Syri­en angrenzt, unter­stüt­zen ISIS. Von daher ist es nicht über­ra­schend, dass ISIS Rama­di erobern konn­te. Das Deba­kel in Mos­ul ist aller­dings von ganz ande­rer Dimension.

Doch damit nicht genug: ver­gan­ge­nen Mitt­woch erober­ten die Jiha­dis­ten die Stadt Bai­ji, unge­fähr 170 Kilo­me­ter süd­lich von Mos­ul, sowie Tikrit. Doch mit der Erobe­rung Tikrits haben die Jiha­dis­ten erst­mals die Mög­lich­keit, einen Vor­stoß nach Bagh­dad zu wagen. In die­ser Kri­se ist es vor allem erfor­der­lich, dass die ira­ki­sche Regie­rung rasch und ent­schlos­sen reagiert, um den Vor­stoß von ISIS abzu­fan­gen bzw. die Isla­mis­ten aus den erober­ten Städ­ten zu ver­drän­gen. ISIS ist nicht der gro­ße, unbe­sieg­ba­re Geg­ner, als der er jetzt erschei­nen mag. Doch das ist ein­fa­cher gesagt als getan, denn die ira­ki­sche Armee selbst ist in deso­la­tem Zustand. Ohne inter­na­tio­na­le Hil­fe für die Ira­ker wird sich der Kampf gegen die Jiha­dis­ten als äußerst schwie­rig und lang­wie­rig gestalten.

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