Der unwahrscheinliche Präsident

Er hät­te es nie wer­den sol­len und woll­te die­se Posi­ti­on zunächst auch nicht, doch am Ende kam alles anders. Der Mus­lim­bru­der Muham­mad Mur­si ist der ers­te frei gewähl­te Prä­si­dent Ägyp­tens. Sei­ne Wahl steht am Ende einer unwahr­schein­li­chen Ver­ket­tung von Ereig­nis­sen. Zunächst hat­ten die Mus­lim­brü­der ver­spro­chen, im Fal­le eines Wahl­er­folgs bei den Par­la­ments­wah­len um den Jah­res­wech­sel 2011/12 über­haupt kei­nen Prä­si­dent­schafts­kan­di­da­ten auf­zustellen.

Anfang April erfolg­te die Kehrt­wen­de: Mit 56 zu 52 Stim­men beschloss das Füh­rungs­gre­mi­um der Mus­lim­bru­der­schaft, doch einen Kan­di­da­ten ins Ren­nen zu schi­cken: Khai­rat al-Sha­ter, Inge­nieur, Mul­ti­mil­lio­när und stell­ver­tre­ten­der Vor­sit­zen­der der Isla­mis­ten. Kei­nen Monat spä­ter war die Frei­heits- und Gerech­tig­keits­par­tei, der poli­ti­sche Arm der Mus­lim­brü­der, dazu gezwun­gen, umzu­dis­po­nie­ren. Al-Sha­ter wur­de von der Wahl­kom­mis­si­on nicht zur Kan­di­da­tur zuge­las­sen. Noch unter Muba­rak war er wegen angeb­li­cher Geld­wä­sche zu meh­re­ren Gefäng­nis­stra­fen ver­ur­teilt wor­den. Das Wahl­ge­setz ver­bie­tet Ver­ur­teil­ten eine Kan­di­da­tur für sechs Jah­re nach Ver­bü­ßung der Haftstrafe.

Reservekandidat

Die Wahl der Mus­lim­brü­der für den neu­en Prä­si­dent­schafts­kan­di­da­ten fiel auf Muham­mad Mur­si. Die­ser nahm die­se Nomi­nie­rung aller­dings nur sehr zöger­lich und auf Drän­gen sei­ner Par­tei­freun­de an. Obwohl ledig­lich Reser­ve­kan­di­dat, errang er in der ers­ten Run­de fast 25 Pro­zent der Stim­men. Anschlie­ßend setz­te er sich in der fol­gen­den Stich­wahl gegen Ahmad Shafiq mit 51,73 Pro­zent der Stim­men durch. Mur­si ist damit der ers­te frei gewähl­te Prä­si­dent Ägyp­tens und damit auch der ers­te Isla­mist in die­ser Funktion.

Die­ser neu gewähl­te Prä­si­dent steht nun vor immensen Auf­ga­ben. Nicht nur muss eine Ver­fas­sung erar­bei­tet wer­den, die dem Inter­es­se aller Ägypter:innen ent­spricht, es müs­sen demo­kra­ti­sche Insti­tu­tio­nen auf­ge­baut und von Über­res­ten des Muba­rak-Regimes kon­trol­lier­te Orga­ni­sa­tio­nen demo­kra­ti­siert wer­den. Eben­so gilt es, die Wirt­schaft des Lan­des anzu­kur­beln und eine Grund­ver­sor­gung der Bevöl­ke­rung zu gewähr­leis­ten. Das sind kei­ne klei­nen Auf­ga­ben und die Über­res­te von Muba­raks Seil­schaf­ten ver­kom­pli­zie­ren die­se nur noch weiter.

Immense Herausforderungen

Dabei ist auch noch unklar, wie weit der Ein­fluss Muba­raks noch reicht. Immer­hin regier­te er Ägyp­ten fast 30 Jah­re lang auto­kra­tisch. Sicher ist eines, die meis­ten Rich­ter wur­den wäh­rend der Muba­rak-Ära ernannt. Mur­sis Regie­rungs­zeit, immer­hin aus einer Revo­lu­ti­on her­vor­ge­gan­gen, die per Defi­ni­ti­on einen Ver­fas­sungs­bruch dar­stellt, wird sich also vor allem mit der Jus­tiz aus­ein­an­der­set­zen müs­sen. Der ers­te Kon­flikt hat bereits begon­nen. So hat der Ver­fas­sungs­ge­richts­hof die Par­la­ments­wah­len für ungül­tig erklärt und bei­de Kam­mern auf­ge­löst. Dar­über hin­aus gestat­te­te man dem Muba­rak-Getreu­en Shafiq für die Prä­si­dent­schaft zu kandidieren.

Dabei gilt es aller­dings, an demo­kra­ti­schen Idea­len fest­zu­hal­ten. All das wird Muham­mad Mur­si jetzt im Hin­ter­kopf behal­ten müs­sen, wäh­rend er sei­ne ers­ten Schrit­te als Ägyp­tens Prä­si­dent setzt. Leicht wird es für ihn nicht.

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