Der Sturz des Pharaoh

Hus­ni Muba­raks poli­ti­sche Kar­rie­re begann mit einem Knall – wort­wört­lich. War er zunächst Kom­man­dant der ägyp­ti­schen Luft­streit­kräf­te und stell­ver­tre­ten­der Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter wäh­rend des Yom-Kip­pur-Kriegs, mach­te Prä­si­dent Anwar Sadat ihn 1975 zum Vize­prä­si­den­ten. Die­se Posi­ti­on hat­te Muba­rak auch 1981 inne, als Sadat von Isla­mis­ten erschos­sen wur­de. Muba­rak folg­te Sadat als ägyp­ti­scher Prä­si­dent nach. Sei­ne Regie­rungs­zeit war vor allem von einem Aus­bau des Sicher­heits­ap­pa­rats und einem „kal­ten Frie­den“ mit Isra­el geprägt. Innen­po­li­tisch bedien­te er vor allem wirt­schaft­li­che Inter­es­sen sei­nes engs­ten Zir­kels. Es waren aber vor allem die feh­len­de wirt­schaft­li­che Grund­ver­sor­gung, die Per­spek­tiv­lo­sig­keit und die poli­ti­sche Unter­drü­ckung, wel­che ins­be­son­de­re jun­ge Ägyp­te­rin­nen und Ägyp­ter im Pro­test gegen Muba­rak auf die Stra­ße brachten.

Seit nun­mehr fast drei Wochen demons­trie­ren die Men­schen auf dem Tah­r­ir-Platz im Zen­trum Kai­ros. Zu Beginn waren nur klei­ne­re, dezen­tra­le Aktio­nen geplant, die jedoch immer mehr Men­schen auf den Tah­r­ir-Platz zogen. Es waren vor allem Jugend­li­che und jun­ge Erwach­se­ne, die die­se Pro­test­be­we­gung tru­gen. Nach und nach schlos­sen sich ihnen immer mehr Men­schen an. Kon­fron­ta­tio­nen mit den Schlä­gern Muba­raks waren dabei an der Tages­ord­nung. Beson­ders gut in Erin­ne­rung ist der Tod eines 13-Jäh­ri­gen, der erst­mals weit über eine Mil­li­on Men­schen auf den Tah­r­ir-Platz brach­te. Die Pro­test­be­we­gung wur­de zuse­hends zu einer innen­po­li­ti­schen Kraft.

Rücktritt Mubaraks

Muba­rak ließ sich jedoch nicht beir­ren. Erst vor­ges­tern hieß es von­sei­ten des Prä­si­den­ten, Muba­rak wer­de auf jeden Fall bis zur Wahl im Sep­tem­ber im Amt blei­ben. Doch ges­tern Abend war es genug: nach fast 30 Jah­ren an der Macht trat Hus­ni Muba­rak zurück. Unmit­tel­bar nach die­ser Ankün­di­gung brach auf dem Tah­r­ir-Platz ohren­be­täu­ben­der Jubel aus. Sie haben es ge­schafft, sie haben ihr Land zurück. Demons­tran­ten skan­die­ren: Erhe­be dei­nen Kopf – du bist Ägyp­ter. Erst jetzt wird einem wirk­lich klar, wie stark Ägyp­ten unter dem poli­ti­schen Still­stand, unter der Kor­rup­ti­on und unter dem Ver­sa­gen der poli­ti­schen Eli­te gelit­ten hat. Ägyp­ten hat erfolg­reich sei­ne Wür­de zurückgefordert.

Auf dem Abdel-Mon­eim-Riad-Platz im Zen­trum Kai­ros, nicht weit vom Tah­r­ir-Platz ent­fernt, schiebt sich ein Mann lang­sam in sei­nem klapp­ri­gen, alten Roll­stuhl vor­an. Zwi­schen sei­ne Schen­kel hat er einen Topf schwar­zer Far­be geklemmt. In der Hand hält er einen Pin­sel. Müh­sam beugt er sich her­un­ter, um den Bord­stein anzu­strei­chen. […] Den Bür­ger­steig zu ver­schö­nern ist, einen Tag nach dem Sturz des Pha­ra­os Hos­ni Muba­rak, sein per­sön­li­cher Bei­trag zur ägyp­ti­schen Revo­lu­ti­on. Noch vor weni­gen Wochen hat er sich mit sei­nem Roll­stuhl wahr­schein­lich an einer der Stra­ßen­kreu­zun­gen an den Rei­hen der war­ten­den Fahr­zeu­ge ent­lang­ge­scho­ben, um bei Rot an deren Fens­ter zu klop­fen und ein wenig Geld zu erbet­teln. Doch an die­sem Tag lächelt er und ant­wor­tet auf die Fra­ge, was er denn da mache, mit einem kur­zen: „Das ist jetzt mein Land.“

Karim El-Gawha­ry, Tage­buch der Ara­bi­schen Revo­lu­ti­on, S. 7

Bild: Tom Bert/Shutterstock.com

 

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